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Erfahrungsbericht AVNRT-Ablation / AV-Knoten-Reentry-Tachykardie

Kategorie: Herz-Kreislauf » Forum Allgemeine Herz- und Kreislaufbeschwerden

14.01.2016 | 18:49 Uhr

Hallo zusammen,

das mir die Informationen aus verschiedenen Foren vor der Ablation sehr geholfen haben, hier mein ausführlicher Bericht über die bei mir Anfang 2016 durchgeführte Elektroablation bei AVNRT: Ich hatte seit über 30 Jahren regelmäßig plötzlich auftretende Tachykardien, in der Regel konnte ich diese nach relativ kurzer Zeit durch die bekannten Vasalva-Manöver wieder terminieren. In den letzten Jahren leichte Zunahme auf etwa 3-5 Anfälle pro Jahr, zwei mal mussten diese durch Gabe von Adenosin in einer Klinik beendet werden. Ansonsten komplett herzgesund. Ich hatte eine gute EKG-Aufzeichnung während eines Anfalls, dies ist zur Diagnose vor der EPU schon sehr wertvoll. Habe mich ausführlich informiert und dann einen Termin zu Ablation in einer Universitätsklinik vereinbart.

Am Abend vor der Ablation wurde ich stationär aufgenommen, ab 22 Uhr durfte ich nicht mehr essen oder trinken. Die Leistengegend auf beiden Seiten wurde nochmal grob handtellergroß rasiert, das kann man natürlich auch selber zu Hause machen. Außerdem wurde ein Zugang am Arm gelegt. Am nächsten Morgen dann Anziehen vom OP-Hemdchen (darunter trägt man nichts) und warten auf die Ablation (bei mir am frühen Nachmittag). Im Katheterlabor ist es relativ kühl, ich wurde dann aber mit Tüchern so abgedeckt, dass nur die beiden Leistengegenden frei blieben. Man wird komplett "verkabelt", so dass alle Vitalparameter jederzeit ablesbar sind. Der Popo wird mit einer kalten Metallplatte geerdet. Die Arme lagen neben dem Körper und wurden fixiert, ebenso die Beine. Ärzte und Pfleger haben noch kurz mit mir geredet, danach wurde ich sediert, d.h. in einen Tiefschlaf gebracht. Von der ganzen Prozedur inklusive der Betäubung der Leisten habe ich überhaupt nichts mitbekommen. Diese Sedierung hat nach der von  mir gelesenen Fachliteratur keinen Einfluss auf die Auslösbarkeit ber AVNRT während der Untersuchung. An beiden Leistenseiten war ein Druckverband angebracht.

Bei beiden Eingriffen bin ich nach etwa 90 Minuten im Vorraum des Elektrolabors aufgewacht und wurde dann direkt auf die Normalstation gefahren. Dort allerdings für weitere 24 Stunden Überwachung von Blutdruck, Sauerstoffsättigung und EKG über Funk. Ich durfte direkt wieder trinken und kurze Zeit später auch etwas essen. Auf dem Druckverband lag ein kleines Sandsäckchen (vielleicht ein Kilogramm), sechs Stunden musste ich auf dem Rücken liegen bleiben, so schlimm ist das nun auch wieder nicht (ist beim Beinbruch sicher auch nicht viel besser). Beim ersten Aufstehen ist die Punktion an einer Leiste aufgegangen und es hat stärker geblutet, die Schwestern haben dann einen neuen Verband gemacht.

Leider konnte bei der ersten Untersuchung die AVNRT nicht ausgelöst werden und auch die zusätzliche Leitungsbahn nicht genau lokalisiert werden. Dies ist nur bei wenigen Prozent aller Patienten der Fall. Da ich ein 12-Kanal-EKG während eines Anfalls hatte, welches sehr eindeutig auf AVNRT hinwies, wurde mir geraten, dennoch eine Ablation durchführen zu lassen. Da dabei dann keine sofortige Erfolgskontrolle (wie sonst üblich) möglich ist, sind die Heilungschancen durch die Ablation geringer, statt mehr als 95%-98% eher so um die 80%-90%, aber die Statistiken sind hier natürlich eher sehr spärlich. Die zweite Ablation verlief genauso problemlos wie die erste, nur dass ich jetzt vier statt zwei Löcher in den Leisten hatte. Die Schwellung an der Leiste war aber eher geringer, es gabe auch keine Nachblutung. Nach 24 Stunden wurde ich nach Hause entlassen, einen Tag später bin ich wieder sechs Stunden arbeiten gewesen (Bürotätigkeit). Die nächsten zehn Tage soll ich wegen der Einstichwunden keine schweren Lasten tragen, nicht fahradfahren und keinen Sport machen. Danach soll ich wieder alles ohne Einschränkung machen.

Oft ist von zusätzlichen Extrasystolen oder Herzstolpern nach dem Eingriff der Fall, das habe ich bisher bei mir nicht festgestellt. Allerdings habe ich solche Beobachtungen regelmäßig nach auftretenden AVNRT bei mir gemacht und eine Tachykardie konnte bei mir ja bei der Untersuchung nicht ausgelöst werden. Weiterhin weiß ich aus eigener Erfahrung, dass einem natürlich die Nerven ganz schöne Streiche spielen können, wenn man zu sehr auf seinen Herzschlag achtet. Das ist ja eine Art selbstverstärkendes System. Deshalb möglichst ruhig bleiben und sich ablenken (lassen). Ich habe einige Stunden bei bestimmten Bewegungen kleine Stiche in der linken Brustgegend verspürt, das kann aber vielleicht auch vom langen Liegen kommen und ist jetzt verschwunden.

Jetzt muss ich also hoffen, dass die zusätzliche Leitungsbahn ausreichend verödet wurde und verödet bleibt, dann war das ein erfolgreicher Eingriff, den ich jedem mit dem entsprechendem Leidensdruck bzw. Einschränkungen durch die Tachykardien empfehlen würde. Die Expertise der Spezialisten und die Technik hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, deswegen würde ich zehn Jahre alte Erfahrungsberichte auch mit Vorsicht werten.

Allen denen ein solcher Eingriff bevorsteht wünsche ich Glück und Zuversicht!

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