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Verdachtsdiagnose ARVC

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

10.06.2020 | 14:45 Uhr

Guten Tag,

ich bin 23 Jahre alt und bei mir wurde der Verdacht auf ARVC diagnostiziert. Gründe dafür: Mit ARVC vereinbare Veränderungen am rechten Ventrikel (EF von 39%, Mikro-Aneurysmen, inhomogene Pumpbewegung, geringe Dilatation), eine Gen-Mutation auf dem JUP-Gen (jedoch eine Variante unklarer Signifikanz), sowie Tachykardien (allerdings wurden bisher nur supraventrikuläre Tachykardien aufgezeichnet, nie ventrikuläre).

Ich bin seit einigen Jahren deutlich eingeschränkt, was körperliche Belastung angeht. Früher habe ich Leistungssport betrieben, das ist jetzt nicht mehr möglich, da ich bereits bei geringen Anstrengungen Herzrasen, Luftnot und Brustschmerzen kriege.

Die Symptome scheinen vereinbar mit der fortschreitenden Insuffizienz des rechten Ventrikels. Was jedoch nicht zu der angeblichen ARVC passt, ist, dass ich seit 2014 alle 6 - 10 Wochen einen Perikarderguss vor dem rechten Ventrikel habe. Mal ist er größer, dann verstärken sich die genannten Symptome sehr, mal ist er kleiner und beeinflusst mich eher wenig bis gar nicht.
Ursachen für diesen Erguss konnten nie gefunden werden. Jedoch fiel erst der wiederkehrende Erguss auf und erst später entwickelten sich sichtbare Veränderungen am rechten Ventrikel.

Meine Frage: Kann ein rezidivierender Perikarderguss zu ARVC-ähnlichen Veränderungen am rechten Ventrikel führen und zu der beginnenden Rechtsherzinsuffizienz? Oder denken Sie, dass der Perikarderguss eher Folge statt Ursache ist?
Was schlagen Sie als Behandlungsplan vor?

Es gibt aktuell nämlich leider keinen, ich nehme derzeit keine Medikamente, auch keine ACE-Hemmer mehr. Ich weiß nicht, ob das gut ist.

Und ich glaube, dass ich aktuell wieder einen Perikarderguss habe, da ich die genannten Symptome stärker spüre und mich sehr schlapp und müde fühle. Mein letzter Ultraschall liegt schon über ein halbes Jahr zurück. Da durch die Ultraschalluntersuchungen auch nie ein neuer Erkenntnisgewinn entstanden ist, habe ich es aufgegeben, bei jedem Erguss einen Kardiologen aufzusuchen.
Aber ich bin diese Ergüsse sehr leid.
Welche Ursachen könnten die noch haben, außer rheumatologische und infektiologische?

Ich danke Ihnen im Voraus herzlich für die Möglichkeit, hier einen objektiven Rat einholen zu können. Gerade in Zeiten der Pandemie scheue ich mich vor einem Krankenhausbesuch, sodass ich über diese Mitteilungs- und Beratungsmöglichkeit sehr froh bin.

Viele Grüße und besten Dank.

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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12.06.2020, 23:16 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam
Hallo,
 
Was Sie beschreiben, ist tatsächlich etwas komplizierter. Die Studienlage zur ARVC ist insgesamt auch eher dünn. Ein Perikarderguss ist sicher keine typische Komplikation des ARVC. Trotzdem kann es sein, dass die beiden Dinge zusammenhängen. Das liegt möglicherweise an der genetischen Veränderung unklarer Signifikanz. Grob gesagt handelt es sich dabei um ein Gen, das für ein Protein zuständig ist, welches die Zellen zusammen hält. Die Theorie ist aber rein Spekulation, ob das mit dem Erguss zusammenhängt.
Der Behandlungsplan ist auch eher schwierig. Ob ACE-Hemmer tatsächlich einen langfristigen Nutzen haben, ist nicht belegt. Wichtig ist, dass es nicht zu Rhythmusstörungen kommt. Sollten diese regelmäßig vorliegen, sollte eine medikamentöse Therapie mit Antiarrhythmika stattfinden. Sport sollte in gefährlichen Situationen natürlich auch vermieden werden. Letztlich muss die Behandlung auf individueller Ebene stattfinden, das heißt auch über den Einsatz eines Defibrillators sollte nachgedacht werden, falls es hierzu eine Indikation gibt. Regelmäßige Kontrollen sind natürlich auch für der Verlauf wichtig, hierbei kann der Ultraschall natürlich auch sinnvoll sein.
Weitere Ursachen für ein Erguss können auch immer sozusagen undichte Gefäße oder ein zu hoher Blutdruck im Gefäßsystem sein. Dieser zu hohe Blutdruck kann durch ein schwaches Herz, welches das Blut nicht aus den Venen schnell genug zurückholt, verursacht werden. All das ist aber tatsächlich rein spekulativ. Um zwischen einer Entzündung und damit einer rheumatologischen und infektiologische Ursache oder einer anderen Ursache unterscheiden zu können, sollte der Erguss punktiert werden und analysiert werden. Sollten darin bestimmte Entzündungszellen zu finden sein oder andere Entzündungsparameter, lässt das auf eine rheumatologische oder infektiologische Ursache schließen. Ansonsten ist es eher nicht entzündlich, also durch den Blutdruck oder fehlende Proteine oder Salze.  Letzteres (fehlende Proteine oder Salze) würde sich aber auch durch Wasseransammlungen im Bauch und Beinen,  äußern. Der Blutdruck in der Vene ist tatsächlich eine Möglichkeit. Dies müsste aber auf einer kardiologischen Station abgeklärt werden.
 
Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam
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13.06.2020, 16:35 Uhr
Kommentar

Sehr geehrte Damen und Herren des Lifeline Teams,

herzlichen Dank für Ihre Antwort. Den Perikarderguss zu punktieren wäre sicher sinnvoll. Leider liegt er meistens schlecht erreichbar vor dem rechten Ventrikel, aber wenn er mal wieder groß genug ist, werde ich es machen lassen.
Ihre Überlegung, dass er durch fehlende Proteine oder Salze entsteht, klingt für mich interessant und schlüssig, da ich tatsächlich sehr häufig Wasseransammlungen in den Beinen habe. Ob sich in den Bauch auch Flüssigkeit zurückstaut, weiß ich aktuell nicht, ich hatte jedoch schonmal einen Perikarderguss mit gleichzeitiger Aszites im Bauch, also könnte es passen. Wie kann man rausfinden, ob Proteine oder Salze fehlen? Welche Werte sollte man untersuchen lassen?
Mein Blutdruck des Körperkreislaufs ist meistens eher zu niedrig und nie zu hoch, jedoch fiel in den letzten Jahren immer wieder ein erhöhter (und nach geringer Belastung viel zu hoher) pulmonalarterieller Druck auf. Könnte es sein, dass die erhöhten Drücke im Lungenkreislauf zu den Veränderungen am rechten Ventrikel und zu den rezidivierenden Perikardergüssen führten bzw. führen?
Abgesehen von den Herzproblemen bin ich eigentlich fit, ich rauche nicht und lebe gesund, bin normalgewichtig und habe keine Risikofaktoren für Herzerkrankungen, außer dieser genetischen Disposition, wobei da ja unklar ist, ob diese Schaden anrichtet oder nicht.

Viele Grüße und besten Dank.

Lifeline Gesundheitsteam
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18.06.2020, 17:47 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

wenn tatsächlich häufiger überall am Körper Wasseransammlungen vorliegen, könnte man die Osmolarität des Blutes untersuchen, zusammen mit Natrium und Proteinen. Dadurch kann relativ schnell gesehen werden, ob das die Ursache für die Wasseransammlungen ist. Das könnte dann auch mit einer gestörten Nierenfunktion einhergehen, weshalb die Nierenwerte auch mitbestimmt werden sollten, auch im Urin.
Bezüglich des Lungenkreislaufes ist es ein bisschen komplizierter. Hier lässt sich nicht unbedingt feststellen, was "Huhn und was Ei" ist. Allerdings spricht vor allem der genetische Befund eher dafür, dass eine ARVC vorliegt und die eigentliche Ursache ist. Letztlich kann nur der längerfristige Verlauf zeigen, ob es sich um eine ARVC handelt oder nicht. Allerdings ist es gut möglich, dass auch ein untypischer Verlauf vorliegt, wenn die Signifikanz der Veränderung nicht bekannt ist.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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