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Extrasystolen und Schlaganfallrisiko

Kategorie: Herz-Kreislauf » Expertenrat Herz- und Kreislaufbeschwerden | Expertenfrage

28.08.2019 | 13:15 Uhr

Liebe Experten,

aus ärztlicher Sicht wird ja immer wieder bestätigt, dass Extrasystolen bei gesundem Herzen harmlos sind, und zwar unabhängig davon, wie oft und in welcher Form sie auftreten. Nun habe ich allerdings gelesen, dass neueren Studien zufolge atriale Ektopien (Extrasystolen oder Salven) auch bei herzgesunden Personen mit einer erhöhten Schlaganfall-Inzidenz assoziiert sind, auch wenn zuvor kein Vorhofflimmern aufgetreten ist. Als exzessive supraventrikuläre Ektopien werden dabei schon mehr als 30 ES pro Stunde oder Salven mit mehr als 20 Vorhofaktionen angesehen. Das ist ja eigentlich nicht so viel und sicherlich haben viele herzgesunde Personen diese Anzahl oder noch mehr Extrasystolen oder Salven. Sind also Extrasystolen oder supraventrikuläre Salven bei Herzgesundheit doch nicht so harmlos, wie immer angenommen? Oder besteht der genannte Zusammenhang mit dem erhöhten Schlaganfallrisiko nur dann, wenn darüber hinaus noch weitere Risikofaktoren für einen Schlaganfall vorliegen wie Übergewicht oder Rauchen?

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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30.08.2019, 19:35 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

Sie haben tatsächlich Recht, dass Risiko für einen Schlaganfall ist tatsächlich erhöht, wenn eben diese 30 Extrasystolen pro Stunde oder Salven mit mehr als 20 Vorhofaktionen regelmäßig auftreten. Andere Risikofaktoren erhöhen das Risiko zusätzlich.
Um abzuklären, ob man nun in diese Gruppe gehört oder nicht, sollte also ähnlich wie den Studien ein Langzeit-EKG durchgeführt werden, 24 Stunden bzw. 48 Stunden lang. Dies ist notwendig, um den Risikofaktor genau angeben zu können.
Gleichzeitig muss aber erwähnt werden, dass das Alter in den Studien hoch war, je nach Studie um die 70 Jahre. Das heißt, es ist nicht wahrscheinlich, dass bei jungen Leuten ein Schlaganfall auftritt.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen Ihre Frage beantworten - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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30.08.2019, 20:28 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für die Rückmeldung. Jetzt bin ich doch etwas verunsichert. Es wird doch immer wieder betont, dass Extrasystolen und auch Salven bei gesundem Herzen harmlos sind, egal wie oft sie auftreten. Ein erhöhtes Schlaganfallrisiko würde dem ja widersprechen. Ist es nicht eher so, dass zu den Extrasystolen weitere Risikofaktoren hinzukommen müssen, damit sich das Schlaganfallrisiko erhöht? Denn letztendlich ist ein höheres Lebensalter ja auch ein natürlicher Risikofaktor.

Vielen Dank noch einmal für Ihr Engagement. Ich schätze es sehr, dass Sie  in Ihrer sicherlich knapp bemessenen Zeit immer wieder geduldig unsere Fragen beantworten. 

Liebe Grüße und einen schönen Abend

Lifeline Gesundheitsteam
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30.08.2019, 22:21 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

Ganz richtig, das Alter ist auf jeden Fall auch ein Risikofaktor. So sind auch diese Studien zu werten. Jeder Risikofaktor erhöht einfach nur das Risiko, das heißt noch lange nicht, dass man einen Schlaganfall bekommt. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit im Alter, auch wenn man raucht und beispielsweise 30 Extrasystolen pro Stunde hat, einen Schlaganfall zu entwickeln immer noch weit unter 50%! Tatsächlich erhöhen diese atrialen Ektopien das Risiko. Jemand der aber keine anderen Risikofaktoren hat hat trotzdem noch immer ein geringes Risiko. Es ist eben nur höher als bei jemandem, der diese Ektopien nicht hat.
Ist das Risiko beispielsweise um das 1,5-fache erhöht, so wäre das Risiko im Alter beispielsweise bei ca. 0,3%, tatsächlich einen Schlaganfall zu entwickeln. Wie Sie sehen, ist das Risiko also immer noch sehr gering.

Wir hoffen, wir konnten die Studienlage damit darstellen und Sie trotzdem beruhigen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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30.08.2019, 22:35 Uhr
Kommentar

Letzte Frage: Sind denn atriale Ektopien etwas anderes als normale supraventrikuläre Extrasystolen bzw. Salven? Ich dachte immer, das wäre das selbe. Dankeschön :-)

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01.09.2019, 18:12 Uhr
Kommentar

Oder anders gefragt: ist das Schlaganfallrisiko jetzt tatsächlich bei allen Menschen erhöht, die ganz normale supraventrikuläre Extrasystolen in größerer Zahl oder supraventrikuläre Tachykardien haben? Oder gilt das nur, wenn es im Vorhof zusätzliche ektope Herde ( "Fehlzündkerzen") gibt, die die Rythmusstörungen auslösen und die während einer EPU dann auch nachgewiesen und ggf. verödet werden könnten? Entschuldigen Sie bitte die vielen Nachfragen, aber ich hatte es gerade geschafft, mich von der Harmlosigkeit der Extrasystolen zu überzeugen und jetzt diese Information. Eigentlich wird doch von Kardiologen immer wieder betont, dass es egal ist, wie viele ES man hat, wenn das Herz gesund ist.

Lifeline Gesundheitsteam
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01.09.2019, 22:48 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

der Unterschied ist einfach nur die Definition: Eine supraventrikuläre Extrasystole bedeutet ein "Extra Herzschlag", entstehend im Vorhof (oder sogar in den Pulmonalvenen). Supraventrikuläre Salven gibt es eigentlich so nicht. Atriale Ektopien bedeutet, dass diese NICHT im Sinusknoten entstehen. Eine supraventrikuläre kann auch im Sinusknoten, also dem natürlichen Rhythmusgeber entstehen.
Bei ganz normalen supraventrikulären Extrasystolen gibt es derzeit keinen Hinweis auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Nur dann, wenn diese eben wie oben beschrieben sehr gehäuft auftreten. In den Studien war auch immer von Ektopien die Rede, also keine Extrasystolen, die im Sinusknoten entstehen. Es gilt also nur bei den ektopen Herden (der Ausdruck "Fehlzündkerzen" ist ein gutes Bild)
In Wirklichkeit bedeutet dieser Zustand dieser häufigen ektopen wiederholten Extrasystolen auch, dass das Herz eben nicht gesund ist. Ihr Kardiologe hat also Recht. Trotzdem: viele ektope Extrasystolen können das Risiko erhöhen.

Wir hoffen, wir konnten Sie damit beruhigen und Klarheit schaffen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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02.09.2019, 07:37 Uhr
Kommentar

Guten Morgen,

vielen Dank für die ausführliche und verständliche Erklärung. Es ist also wohl - wie so oft - eine Frage der Begrifflichkeiten.

Eine jetzt wirklich letzte Frage möchte ich noch stellen, dann gebe ich Ruhe ;-) In meiner letzten EPU wurde laut Befund eine atriale Salve ausgelöst. Im Befund stand: mit atrialer Burststimulation Induktion von nicht anhaltender atrialer Salve (ohne genauere Angaben). Während der EPU wurde mein Herz gründlich auf alle möglichen Rythmusstörungen untersucht und nichts gefunden (normale basale Leitungszeiten, keine Praexzitation, keine akzessorischen Leitungsbahnen o. ä.), so dass im Ergebnis auch nichts verödet werden konnte. Ich weiß, dass Sie selbstverständlich ohne Untersuchung keine genauen Aussagen treffen können. Kann ich aber Ihrer Meinung nach trotzdem davon ausgehen, dass es sich bei dieser "atrialen Salve" lediglich um eine harmlose kurze supraventrikuläre Tachykardie gehandelt hat? Denn wenn es bei mir solche ektopen Herde oder "Fehlzündkerzen" geben würde, die dafür ursächlich sind, dann hätten sie während der EPU ja gefunden werden müssen und sie hätten auch abladiert werden können. Im Befund war aber keine Rede davon und mir wurde bestätigt, dass die EPU völlig unauffällig war und nichts gefunden wurde.

Vielen Dank für Ihre Geduld.

 

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02.09.2019, 07:58 Uhr
Kommentar

Kurzer Nachtrag: ich habe gelesen, dass vagale Manöver unwirksam sind bei einer atrialen Tachykardie. Bei mir helfen sie aber. Außerdem beginnen und enden die kurzen sekundenlangen Anfälle von Herzrasen, die ich ab und zu habe, plötzlich. Vielleicht hilft das bei der Beurteilung.

Lifeline Gesundheitsteam
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03.09.2019, 22:26 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo,

bei einer EPU hätte es auffällen sollen. Letztlich sollte zur Diagnostik noch ein Langzeit-EKG geschrieben werden. Damit kann, ähnlich wie in der Studie, am ehesten eingeschätzt werden, wie viele Salven auftauchen und wo diese herkommen.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass Sie mit dem bisherigen Untersuchungsergebnis in die Risikogruppe gehören. Sicher gesagt werden kann es aber nicht.
An sich hilft das vagale Manöver schon bei atrialen Tachykardien - nur leider sehr selten. Eine leicht abgewandelte Form hilft öfters. Wenn es bei Ihnen aber wirkt, ist das ja schon ausreichend.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen nochmal weiterhelfen - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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